Gleichstellung
In Zug hat die erste inklusive Landsgemeinde stattgefunden
Die Unteräger Schriftstellerin Edith Gould mit ihrem ersten Roman. Foto: zvg
Edith Gould aus Unterägeri arbeitet als Putzfrau, geht mit der Familie gerne campen – und ist Schriftstellerin. Sie hat mit «Karpfen im Froschteich» in Eigenregie ihren ersten Roman herausgegeben. Und weitere sollen folgen.
Ihre Lieblingsfarbe ist Pink, aber sie tragen am liebsten schwarz. Gehören Gegensätze zu ihrem Leben?
Gegensätze machen das Leben spannender. Bei Kleidung ziehe ich praktisch allerdings spannend vor. Darum gibt es beim Blick in meinen Kleiderschrank nicht viel zu überlegen. Die einzige Frage die ich mir morgens stellen muss ist: schwarz mit oder ohne Aufdruck?
Bleiben wir noch kurz beim Thema. Sie backen gerne und machen selbst Konfitüre, aber mögen keine Rohmilch. Als Bauernkind mögen Sie die Natur, aber finden Schnee doof, wie auf Ihrer Homepage zu lesen ist. Sie scheinen ein Gefühlsmensch zu sein.
Stimmt. Ich finde, dass ich als Schreibende ein Gefühlsmensch sein muss. Ich fühle mich in Charaktere hinein, will spüren können, was diese wiederum fühlen. Deshalb ist es hilfreich, eine breite Gefühlspalette zu haben und diese auch einzusetzen.
Sie verdienen ihr Geld als Putzfrau. Politisch korrekt verwendet man heute eher die Begriffe Reinigungskraft oder Raumpflegerin. Sie nicht. Betonen Sie damit ihre Bodenständigkeit?
Ich empfand die Bezeichnung Putzfrau nie als despektierlich, für mich gehört diese immer noch zum allgemeinen Sprachgebrauch. Ich fühle mich durch den Begriffs als Putzfrau nicht als besser oder schlechter, es ist einfach mein Beruf. Ich arbeite vor allem in Privathaushalten. Ich erfahre an meinen Arbeitsorten sehr viel Vertrauen und Respekt und pflege einen guten Kontakt zu meiner Kundschaft. Ich persönlich empfinde es als Luxus, im Kanton Zug als Putzfrau arbeiten zu können, weil die Beziehung zu meinen Kundinnen und Kunden sehr nah und persönlich ist. In einem Haushalt putze ich jetzt schon 20 Jahre. Ich bin meine eigene Chefin und höre während der Arbeit am liebsten Hörbücher.
Sie können nicht nur putzen, sondern auch gut schreiben. Ihr erster Roman «Karpfen im Froschteich» ist erschienen. Wie lange haben Sie Ihrem Erstlingswerk gebraucht?
Fast drei Jahre. Ich habe meinen Beruf, meine Familie mit Kindern, einen eigenen Haushalt und einen Hund. Ausserdem habe ich parallel zusätzlich eine Online-Ausbildung zur Romanautorin gemacht. Aber den Wunsch ein Buch zu schreiben trage ich schon lange mit mir herum. Auch die Idee für eine passende Geschichte. Ich habe schon immer gerne geschrieben. So schreibe ich nach wie vor Briefe auf Papier. Eine Cousine sagte mir, sie spare sich meine Briefe immer auf, um sie in Ruhe zu geniessen, da ich so witzig schreiben würde. Das war dann der Auslöser. Ich habe mich hingesetzt und gesagt: Jetzt ziehst du es durch und schreibst dieses Buch.
In Ihrem Roman geht es um eine Frau namens Katja, die ihren reichen Freundinnen nicht zu sagen wagt, dass sie selbst kein Geld hat und deshalb viele skurrile Nebenjobs hat, um den Schein aufrecht zu erhalten. Sie scheinen mir ein sehr geerdeter Mensch zu sein. Wie kamen Sie auf dieses Thema von Schein und Sein?
Ich schätze mich auch eher als realistischen Menschen ein. Mir war für diesen Roman vor allem das Thema Freundschaft wichtig. Diese sollte, egal was in der Geschichte passiert, unbedingt aufrechterhalten werden. Aber ich wollte ja auch Spannung in den Handlungsablauf bringen. Also habe ich diesen Zustand von Sein und Schein gewählt, den meine Protagonistin durchlebt. Sie mutet sich einiges zu, um diese Freundschaft aufrecht zu erhalten. Das ist wiederum der Link zu meiner Person. Mir bedeuten Freundschaften sehr viel. Ich erhalte diese lebendig. Meine Freundschaften gehen bis in die Unterstufe der Schule zurück.
Was möchten Sie bei ihren Leserinnen und Lesern mit ihrem Roman auslösen?
Ich will in erster Linie unterhalten. Die Leserschaft darf sich eine Auszeit vom Alltag gönnen. Meine Geschichte soll die Menschen zum Lachen bringen, sie dürfen beim Lesen ab er auch ein Tränchen vergiessen. Wichtig war mir auch, dass die Protagonistin einen Basisberuf ausübt. Ich mag Handwerkerinnen und Handwerker. Für meine aktuelle Hauptfigur habe ich einen Pflegeberuf gewählt, weil man da besonders gut zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen und zeigen kann.
Inwiefern soll das Schreiben zu Ihrer Haupttätigkeit werden?
Ich habe inzwischen meine eigene Webseite aufgebaut, auf der ich einen Blog unterhalte und meine Gedanken teile. Ich kann trotzdem immer noch entscheiden: Putze ich wieder mehr? Oder darf ich meinem Traum nachgehen und primär schreiben? Ich persönlich glaube fest daran, dass ich eines Tages vom Schreiben leben kann.
Auf Ihrer Homepage sieht man, dass Sie gerne und viel schreiben. Warum dauerte es so lange, bis ihr erster Roman erschien?
Bis jetzt hat alles sehr gut in meinen Lebensentwurf gepasst. Ich habe zuerst In meinem Beruf gearbeitet, dann kamen die Kinder. Jetzt fange ich mit dem Schreiben an.
Ihr Roman erschien nicht bei einem Verlag. Sie haben ihr Erstlingswerk selbst finanziert und publiziert. Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?
Ich wollte frei und unabhängig entscheiden, was und wie ich schreibe, welchen Titel ich meinem ersten Buch gebe. Und ich hatte nicht die Geduld, um auf die Zusage eines Verlages zu warten. Vor allem war mir wichtig, dass meine Mutter, die bei diesem Projekt immer voll mit dabei war, sicher noch miterlebt, wie ich dieses Buch herausgebe. Mit einem Verlag wäre es vielleicht bis jetzt noch nicht erschienen.
Wie sind die Reaktionen und vom wem erhalten Sie welche?
Ich bin selbst überrascht, wie viele Nachrichten mich erreichen. Die Reaktionen sind sehr gut. Sie kommen vielfach von Leserinnen und Lesern, die ich persönlich gar nicht kenne. Viele schreiben, sie hätten gelacht, die Geschichte habe sie aber auch berührt. Für den Umstand, dass ich das Buch in Eigenregie veröffentlicht habe, waren auch die Reaktionen der Buchhandlungen positiv. Ich bin sehr offen empfangen worden, obwohl ich vorher oft gewarnt wurde, dass Selfpublisher wenig Chancen erhalten, in diesen Kreis vorzustossen.
Sie sind aus Unterägeri. Warum findet die mondäne Party in «Karpfen im Froschteich» auf dem Zürichsee und nicht auf dem Ägeri- oder Zugersee statt?
(Lacht) Ui, ich habe gar nicht darüber nachgedacht, ob so eine Party auf dem Zugersee auch möglich ist. Ich weiss, dass man auf dem Zürichsee Schiffe für solche Anlässe mieten kann, vielleicht deswegen. Ansonsten bin ich mit meinem Handlungsort schon in der Region geblieben. Das Dorf im Roman ist fiktiv, aber es befindet sich in den Kantonen Zug oder Schwyz. Dazu passend habe ich auch die Nachnahmen der Einwohnerinnen und Einwohner gewählt.
Wer einmal schreibt hört damit meistens nicht auf. Wie sehen ihre Zukunftspläne als Autorin aus?
Das zweite und dritte Buch sind in Planung. Ich werde aber auch viel bloggen auf meiner Homepage, weil mir das sehr viel Spass macht. In meinem Blog kann ich in kurzer Zeit über die Themen schreiben, die mich gerade beschäftigen. Was auch oft zu einem direkten Austausch mit der Leserschaft führt. Ein Buch ist ein Langzeitprojekt, dem ich mich aber auch wieder sehr gerne widme.
Renato Cecchet
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