SC Cham
Der Zürcher Nachwuchs gastiert auf dem Eizmoos
Barbara Gysel, Vorsteherin des Sozialdepartements der Stadt Zug. Foto zvg
Barbara Gysel ist Vorsteherin des Sozialdepartements. Wir haben mit ihr über überfüllte Altersheime, den Fachkräftemangel in den Pflegeberufen und mögliche Ansätze
In Zeiten der Pandemie standen die Zimmer in den Altersheimen leer. Heute stehen Seniorinnen und Senioren, die einen Platz suchen, auf einer nicht enden wollenden Warteliste. Dafür fehlt es an Fachkräften. Wie kann diese Kluft geschlossen werden?
Mit der Altersstrategie der Stadt Zug von 2023 bis 2035 - Leben im Alter legen wir Ansätze vor, wie auf diese angesprochenen Herausforderungen vorgegangen werden soll, welche sich zukünftig im Bereich Leben im Alter und in der Langzeitpflege ergeben. Unter anderem ist ein Ziel, der älteren Bevölkerung unterschiedliche Wohnformen zu ermöglichen, damit der Heimeintritt möglichst spät erfolgt. Das ist ja ein Bedürfnis von vielen. Dabei spielt der Grundsatz «ambulant vor stationär» eine wichtige Rolle und es werden eine Vielfalt von Angeboten gefördert, die das lange Wohnen zu Hause ermöglichen. Die Betroffenen und auch ihre Angehörigen werden bei der Organisation von Unterstützung und bei der Planung des Heimeintrittes von der Fachstelle Alter und Gesundheit unterstützt und begleitet. Zudem steht die Stadt Zug in regelmässigem Kontakt mit den Alterszentren und fördert gute Rahmenbedingungen, damit die Heime ihren Auftrag erfüllen können und attraktiv für Fachpersonen bleiben.
Wie kann eine Zusammenarbeit zwischen dem Kanton und der Stadt Zug aussehen?
Die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden in der Langzeitpflege ist einerseits im Spitalgesetz und in der Verordnung über die stationäre und ambulante Langzeitpflege geregelt. Die Zuständigkeit für die ambulante und stationäre Langzeitpflege liegt bei den Gemeinden. Der Kanton erlässt die Pflegeheimplanung, die sogenannte Pflegeheimliste, und hat eine Oberaufsicht. Andererseits stehen der Kanton und die Gemeinden in einem engen Austausch und planen den zukünftigen Pflegeheimbettenbedarf.
In diesem Zusammenhang muss auch der Fachkräftemangel angesprochen werden. Wurde in der Vergangenheit zu wenig in den Nachwuchs investiert?
Die Stadt Zug gibt mit Leistungsvereinbarungen den Leistungsrahmen vor. Im Rahmen der Pflegerestkostenfinanzierung leistet die Stadt Zug auch Beiträge an die Ausbildung von Lernenden. Die Betriebe ihrerseits passen die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen laufend an. Der Kanton und die Vertretungen der elf Zuger Gemeinden sind gemeinsam in der Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Pflegeinitiative engagiert. Darin vorgesehen sind unter anderem die finanzielle Unterstützung der Gesundheitsinstitutionen und der Studierenden, damit mehr Fachpersonal ausgebildet werden kann.
Vor einiger Zeit standen viele auf ihren Balkonen und klatschten dem Pflegepersonal zu. Von der Euphorie von «damals» ist fast nichts mehr zu spüren. Dabei hätte es der Anfang von strukturellen Verbesserungen innerhalb der Branche werden können. Will man nicht oder kann man es nicht besser machen?
Eine Antwort auf diese Fragen war die eidgenössische Pflegeinitiative, die vom Volk im November 2021 bestätigt wurde. Es ist im Interesse aller Beteiligten, sich für die Berufsattraktivität der Pflegeberufe einzusetzen, denn sie erfüllen einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag und gehören zu den tragenden Säulen des Gesundheitssystems. Letztlich geht es um die Versorgung der Bevölkerung. So wird auch die Stadt Zug im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihren Beitrag leisten. Wertschätzung und Anerkennung für die Tätigkeit der Pflegenden kann dem Fachpersonal entgegengebracht werden, indem für die Pflege genügend Zeit und Ressourcen zur Verfügung stehen. Der Pflegeberuf ist mit seiner Vielseitigkeit, der sinnstiftenden Tätigkeit und dem Kontakt mit Menschen nach wie vor ein sehr attraktiver Beruf. Gerade hier sind verschiedene Akteure gefordert, die Rahmenbedingungen zu verbessern und somit dem Pflegeberuf das Ansehen und die Attraktivität zu geben, welche diese Arbeit verdient. Diese politischen übergeordneten Ebenen werden ergänzt durch das lokale Handeln. Auf städtischer Ebene erinnere ich an die erwähnte Altersstrategie 2023 bis 2035, die kürzlich veröffentlicht wurde. Im Handlungsfeld «Pflege- und Betreuungsangebote» hat die Stadt vier Stossrichtungen definiert, die da wären: 1. Unterstützung von Leistungserbringern, Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen. 2. Unterstützung und Entlastung von pflegenden und betreuenden Angehörigen. 3. Förderung von Projekten im Zusammenhang mit vernetzter Versorgung. 4. Unterstützung der Pflege- und Betreuungsfinanzierung wie auch Pflegeheimplanung und Bedarfsklärung.
Aktuell ist die Zentralschweizer Woche der Gesundheitsberufe im Gange. Ist der Zug dafür nicht längst schon abgefahren?
Die Gesundheitswoche ist ein tolles Angebot, junge Menschen für die verschiedenen Berufe im Gesundheitswesen zu gewinnen. Auch im Kanton Zug beteiligen sich Betriebe an dieser Woche und stellen spannende Erlebnisparcours’ zusammen. Es ist wichtig aufzuzeigen, dass der Pflegeberuf auch heute viele Möglichkeiten für eine interessante berufliche Entwicklung und Karriere bietet. Das Wissen darüber, zum Beispiel anhand der erwähnten Zentralschweizer Woche der Gesundheitsberufe, fördert dies.
Welche zusätzlichen Möglichkeiten sehen Sie, um das Steuer doch noch herumzureissen?
Wenn in die Ausbildung und den Berufsnachwuchs investiert wird, muss gleichzeitig auch dafür gesorgt werden, dass die Arbeitsbedingungen in Zukunft so gut sind, dass ausgebildetes Personal im Beruf bleibt und die Berufsattraktivität steigt. Dies könnte anhand neuer Arbeitsmodelle zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschehen oder der Schichtbetrieb könnte zusätzlich vergütet werden. Diese und andere Fragen müssen von den verschiedenen Beteiligten diskutiert werden. Ich bin überzeugt, dass wir zwar grosse Herausforderungen haben, die wir aber gemeinsam anpacken können.
Hakan Aki
Lade Fotos..