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Die Organisation 'Herzensbilder' schenkt Familien mit Kindern bis 18 Jahre professionelle Familienfotografien. Überall dort, wo ein Kind oder Elternteil schwer krank ist oder wo ein Kind zu früh oder still geboren wird. Ganz unbürokratisch, kostenlos aber mit unbezahlbarem Wert.
Kanton Seit acht Jahren ist der gemeinnützige Verein 'Herzensbilder' im Einsatz für Familien im Sturm. Professionelle Fotografen besuchen Familien mit schwerkranken, schwerbehinderten oder viel zu früh geborenen Kindern oder schwerkranken Elternteilen, um ihnen Familienbilder zu schenken. Fotos voller Liebe, voller Tapferkeit, voller Hoffnung ? solche, die eines Tages vielleicht die einzige bleibende Erinnerung an ein geliebtes Familienmitglied sein werden. Inzwischen zählt das 'Herzensbilder'-Team über 150 Fotografinnen, mehrere Stylistinnen, Coiffeusen und fünf Einsatzleiterinnen. 'Herzensbilder' ist an 365 Tagen im Jahr auf Abruf und hat gegen die 2000 Einsätze geleistet. Zu den so genannten Fotoengeln zählt auch Heike Witzgall aus Hagendorn. Im Gespräch mit der Zuger Woche erzählt sie von ihrer ehrenamtlichen Arbeit, was diese mit ihr macht und warum es so wichtig ist, Fotos als bleibende Erinnerungen zu schaffen.
Heike Witzgall, was hat Sie zu Ihrem Engagement als Fotoengel bewegt?
Ich habe selbst zwei Kinder und bei einer meiner Geburten kam es für mein Kind zu einer lebensbedrohlichen Situation. Ich bin noch heute, nach fast zwei Jahrzehnten, jeden Tag tief dankbar, dass das damals so gut ausgehen durfte. Als ich vor sieben Jahren einen Zeitungsbericht über 'Herzensbilder' las, war das für mich wie ein Aufruf, dem Leben etwas zurückzugeben.
Wenn Sie für 'Herzensbilder' im Einsatz stehen, befinden sich Ihre Kunden in einem Ausnahmezustand. Wie läuft ein solches Shooting ab?
Zunächst würde ich im Zusammenhang mit 'Herzensbilder' auf keinen Fall von Kunden sprechen. Kunden bezahlen für eine Dienstleistung, unsere 'Herzensbilder'-Familien bekommen unsere Shootings und die Fotos kostenlos. Unser Team arbeitet völlig ehrenamtlich und anfallende Selbstkosten decken wir durch Spenden ab. Und ja, unsere Familien befinden sich im absoluten Ausnahmezustand. Dieser Ausnahmezustand sieht jedes Mal anders aus. Es kann toben, dass man es fast nicht aushält oder es kann auch ganz ruhig sein, fast friedlich. Aber immer ist da ganz, ganz viel Ungesagtes, das nicht zwingend gesagt werden muss. Ganz viel tiefe Emotion und Feinstoffliches.
Wie gehen Sie damit um?
Für mich als Fotoengel heisst das vor allem, mich voll und ganz einzulassen auf all das, was sich hinter dieser Spitalzimmer- oder Wohnungstür befindet, die ich gerade betrete. Was immer dort auf mich wartet nimmt mich mit, schüttelt mich durch, zerreisst mich vielleicht und spuckt mich irgendwann benommen wieder aus. Der verzweifelte Versuch, im Sturm stehen zu bleiben, kann schief gehen. Du musst den Sturm durch dich hindurch fegen lassen.
Sehe ich das richtig, dass Sie in solchen Situationen auch ganz viel von sich selber hergeben?
Ja, wenn ich dieses Zimmer betrete, versuche ich zu spüren, was ich dort gerade zusätzlich zu meiner Fotografie von mir als Mensch geben kann. Manchmal tut den Eltern eine feste Umarmung gut, ein paar liebe Worte. Ein anderes Mal ist es vielleicht sogar besser, man bleibt nach aussen hin etwas mehr auf Distanz. Bei anderen Familien kommt vielleicht sogar eine gewisse Heiterkeit auf, die gerade in einer schwierigen Situation oft gut tut. Das kostet sehr viel Kraft, aber es ergibt sich zum Glück immer wie von selbst. Die Situationen sind ebenso vielfältig, ebenso verschieden, wie unsere 'Herzensbilder'-Familien und die mit ihnen verbundenen Geschichten und Charaktere.
Was ist für Sie die grösste Herausforderung bei Ihren 'Herzensbilder'-Einsätzen?
Mitzufühlen und trotzdem nicht mitzuleiden. Ehrliches Mitgefühl ist eine wesentliche Voraussetzung für das, was wir tun. Wer jedoch mitleidet hat nicht die volle Kraft, für andere da zu sein, weil er dann zu sehr mit seinen eigenen Gefühlen beschäftigt ist. Bei sich zu bleiben, emotional immer wieder herauszukommen aus dem Sturm und dankbar zurückzufinden in die eigene Routine und die zerbrechliche Unbeschwertheit eines halbwegs normalen Alltags. Das ist für mich eine der grössten Herausforderungen.
Wie erleben Sie die betroffenen Eltern?
Alle unsere Familien haben ihre eigene Geschichte, ihr eigenes Erleben und ihre eigenen Charaktere. Und doch haben sie alle eines gemeinsam: Sie gehen in dem Moment, in dem ich sie als Fotografin kennenlerne, durch die Hölle des Unsagbaren. So unterschiedlich unsere Familien sind, so unterschiedlich sind auch ihre Reaktionen auf ihren individuellen Sturm. Da ist alles dabei: Verzweiflung, Leiden, Tränen, Wut, Schockstarre, Depression! Aber in all dem Dunkeln auch immer wieder bittersüss-fröhliche Millisekunden mit guten Erinnerungen, Lachen, Freude und nicht zuletzt enorm viel Hoffnung. Das alles braucht seinen Platz und den darf es auch haben.
Wie oft werden Sie zu Einsätzen für 'Herzensbilder' gerufen?
Es gibt keine Taktung für Stürme und damit natürlich auch nicht für unsere Einsätze. Wir haben bei 'Herzensbilder' auch keine Statuten wann, wer, wie oft zu einem Einsatz gerufen werden «muss». Alles läuft für uns auf freiwilliger Basis. Das soll auch so sein, denn unsere ehrenamtliche Arbeit können wir nur dann wirklich gut und mit ganzem Herzen tun, wenn wir uns selbst dafür stark genug fühlen. Auch wir sind nur Menschen und manchmal ist das eigene Leben bereits so voll, dass es «on top» nicht mehr für einen kräftezehrenden Einsatz reicht. Da wir aber rund 250 Freiwillige sind, konnten wir bisher alle geplanten Einsätze aufgleisen.
Sind Sie auch schon mal an Ihre Grenzen gestossen?
Immer dann, wenn ein Einsatz am Ende nicht mehr gut ausgehen kann und damit die Hoffnung nicht mehr da sein darf, komme ich danach persönlich an meine Grenzen. Wenn ein nicht einmal zweijähriges Kind mit einer Rose am Grab seiner Mama steht, dann sind das Bilder, die sich einbrennen, weil es so etwas schlicht nicht geben dürfte und es trotzdem jeden Tag irgendwo geschieht. Dann wackelt für ein paar Stunden mein gesamtes Weltbild.
Was macht die Arbeit mit Ihnen persönlich?
Jeder Einsatz macht mich ein wenig stärker, aber im Grunde auch sehr dankbar und demütig.
Weiterführende Informationen zu 'Herzensbilder' finden Sie unter www.herzensbilder.ch
Von Manuela Scavelli
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