Kamal Bouchboura
stand im März zum ersten Mal am Start der Zugerberg Finanz Trophy
«Schon als Kind hat mich die Orgel fasziniert», sagt der Musiker Carl Rütti. z.V.g.
Name: Carl Rütti
Beruf: Komponist / Pianist / Organist
Wohnort: Zug
Interview Wer an den Wochenenden die katholischen Gottesdienste in Oberägeri besucht, der ist mit Sicherheit schon in den Genuss der zauberhaften Orgelklänge von Carl Rütti gekommen. Der Organist, Pianist und Komponist ist allerdings weit über die Zuger Grenzen bekannt. Seine Chorwerke, wie sein Requiem für Chor und Orchester, werden weltweit aufgeführt. 2005 erhielt Rütti den Anerkennungspreis des Kantons Zug und 2015 die Orlando-di-Lasso-Medaille, die höchste Auszeichnung für Kirchenmusik im deutschsprachigen Raum.
Carl Rütti, mit der Orgel haben Sie sich ein eher aussergewöhnliches Musikinstrument ausgesucht. Wie kam es dazu, dass Sie Organist wurden?
Schon als Kind hat mich die Orgel fasziniert. Als 3-Jähriger war ich bei meiner Gotte in Düdingen (FR) in den Ferien, deren Mann, meinOnkel, Organist war und mich mit auf die Orgel nahm. Als Ministrant in der Kirche St. Michael Zugfaszinierte mich jeweils das brillante Schlussspiel des damaligen Organisten Paul Rohner. In derKlosterschule Engelberg wollte ich daher möglichst bald Orgel-unterricht nehmen - das Klosterbesitzt ja die grösste Orgel der Schweiz. Mit 16 Jahren durfte ich mit dem Orgelspiel beginnen, da nun endlich mein Stimmbrucheinsetzte und somit die Zeit alsKnaben-Sopran im Kirchenchor zu Ende war.
Während Ihrer musikalischen Laufbahn haben Sie auf vielen verschiedenen Orgeln weltweit gespielt. Gibt es ein Instrument, welches Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Mein Lieblingsinstrument ist und bleibt die Mathis Orgel der Peter und Paul-Kirche in Oberägeri. Sie erfüllt alle meine Wünsche. Gerne erinnere ich mich auch an die Riesenorgel in Engelberg, an der mir mein Orgellehrer, Pater Norbert Hegner, die Welt der unzähligen Klangfarben näherbrachte. Ein besonderes Erlebnis war die CD-Aufnahme meines Werkes «Sermon on the Mount» in der Norwich-Cathedral (GB). Da sass ich hoch oben in einer kleinen Orgel Kammer und war per Kopfhörer mit dem Chor weit unten und mit meinem Orgelklang von weit weg verbunden.
Sie sind 71 Jahre alt und spielen noch immer jedes zweite Wochenende in der St. Peter und Paul Kirche in Oberägeri. Was fasziniert Sie so sehr am Orgelspiel?
In der Pfarrei Oberägeri stimmteinfach alles für mich: ein ausser-gewöhnlich engagiertes Pfarreiteam, ein wohlwollender Kirchenrat, ein begeisterter Kirchenchorangefeuert durch eine junge,hochtalentierte Dirigentin, aufmerksame Sakristane und Sakristaninnen, eine dankbare Pfarrgemeinde und drei ideale Orgeln.
Am Konservatorium in Zürich studierten Sie Klavier und Orgel. Was führte dazu, dass Sie später auch das Komponieren für sich entdeckten?
Nach Abschluss der Studien in Zürich empfahl mir mein Klavier-Professor einen Auslandaufenthalt. Er meinte, die Wahl des Landes sei egal, heutzutage seien alle grossen Städte musikalisch identisch. Meine Frau wünschte sich England, damit sie dort das English Proficiency Examen machen könne. So landeten wir in London. Zu meiner grossen Überraschung traf ich dort eine völlig andere Musikwelt an. Vor allem die Art, wie englische Chöre sangen, war absolutes Neuland für mich: bis 40-stimmig, völlig rein, quasi eine Orgel aus menschlichen Stimmen. So begann ich, 10- bis 17-stimmige Werke für Chor a cappella zu komponieren.
Welche Musik hören Sie in Ihrer Freizeit?
Alles Mögliche, heutzutage viel klassische Musik. In meiner Jugend aber hörte ich vor allem Jazz, Blues und ab ca. 1967 auch die Beatles, Blood Sweat and Tears, Chicago etc.
Was bedeutet für Sie Heimat?
Verstanden zu werden, verwurzelt zu sein.
Was wollen Sie noch loswerden?
Wir erleben seit einem Jahr eine sehr sehr schwierige Zeit. So viele Menschen leiden und betrauern ihre verstorbenen Liebsten. Das kulturelle Leben ist eingefroren. Was lässt sich noch mit Chören machen, «wenn Singen tötet» (vgl. NZZ vom 1. April 2020). Mir bleibt die Hoffnung, dass wir möglichst bald wieder gemeinsam musizieren können. Und dann wird die Musik, die so lange schweigen musste, umso stärker erstrahlen. Bis dahin überbrückt die Orgel, dieses «eher aussergewöhnliche Musikinstrument», im Gottesdienst die Durststrecke.
Von Svenja Müller
Musikstück: Brandenburgische Konzerte, Im Abendrot, Blackbird
Tonart: E-Dur
Komponist: Von allen Komponisten begeistern mich einzelne Werke
Hobbys: Bewegung, Kochen
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