Susanne Meierhans
reiste vor 51 Jahren als erste Schweizerin an den Südpol. Ihre spannende Geschichte finden Sie hier.
Noch 2008 wurde die ‘Hanfinitiative’ vom Volk klar abgelehnt. Cannabis sollte in der Schweiz verboten sein. Doch hat sich die Meinung der Bevölkerung in der Zwischenzeit geändert? Die Cannabis-Pilotversuche, die vom Parlament erlaubt wurden, regen zu wilden Spekulationen an.
Die Drogenpolitik in der Schweiz spaltet die Geister. Besonders über die Handhabung von Cannabis wurde hierzulande oft diskutiert. Denn obwohl die Droge schweizweit verboten ist, verzeichnet der Staat laut SRF zwischen 200?000 bis 300?000 Cannabis-Konsumenten (exkl. Dunkelziffer). Die immense Zahl lässt vermuten: Es gibt Verbesserungspotential in der Schweizer Cannabis-Politik. So empfand das auch der Bundesrat.
Bedeuten die erlassenen Cannabis-Pilotversuche, dass schon bald zahlreiche Gras-rauchende Hippies auf den Zuger Strassen unterwegs sind? In den folgenden Zeilen wird erläutert, welche Auswirkungen die Pilotversuche für den Kanton Zug haben, wie unsere Politiker zur Cannabis-Politik der Schweiz stehen und was sie zu einer Legalisierung von Hanf sagen würden.
Bis vor kurzem sah die Cannabis-Politik in der Schweiz wie folgt aus: Jeglicher Umgang mit Cannabis zu Genusszwecken war verboten. Wer mehr als 10g des Produkts in den eigenen Taschen führte, wurde von der Polizei gebüsst. Hanf durfte lediglich im medizinischen Kontext verwendet werden. Aus diesem Grund wurde auch Forschung zu medizinischen Fragen von Cannabis betrieben, Studien zu den Auswirkungen eines geregelten Zugangs zu Cannabis zu Genusszwecken wurden allerdings abgelehnt. Das müsse sich ändern, meinte der Bundesrat.
Aus diesem Grund stimmte der Ständerat vor rund einem Monat, am 9. September 2020, über einen neuen Gesetzesentwurf. Dieser handelt davon, Cannabis-Pilotversuche auch für Genusszwecke in der Schweiz zu erlauben. Der Ständerat hat, wie zuvor der Nationalrat, den Antrag angenommen. Die Städte Zürich, Bern, Genf und Basel zeigen bereits Interesse an den Cannabis-Pilotversuchen und wären bereit, solche durchzuführen. Im Kanton Zug wurde bis anhin kein offizielles Interesse an den Projekten gezeigt. Auch die Zuger Polizei möchte momentan kein Statement zu den erlassenen Cannabis-Pilotversuchen abgeben. Wir haben daher mit einem Vertreter der Zuger SVP und der Zuger Grünen gesprochen, um Ihre Meinungen zu erfahren.
Zuerst muss die Frage geklärt werden, weshalb der Bund überhaupt Studien zum Genusskonsum von Cannabis erlauben möchte. Dafür müssen wir verstehen, wo die Probleme der aktuellen Cannabis-Politik liegen. Manuela Weichelt-Picard, Nationalrätin und Vorstandsmitglied der Alternativen Zug, formuliert diese wie folgt: «Wir haben folgende Probleme: einen florierenden Schwarzmarkt, keine Kontrolle bei der Produktequalität, hohe Repressionskosten, schlechte Erreichung der Konsumentinnen und Konsumenten mit Präventionsmassnahmen.»
Genauer erläutert bedeutet dies, dass, obwohl Cannabis legal nicht erhältlich ist, viele sich die Droge über den Schwarzmarkt besorgen. Dadurch könne die Reinheit des Stoffes, der in Umlauf ist, nicht garantiert werden. Die Kontrolle durch die Polizei sei zudem mit hohen Kosten verbunden und auch Präventionsmassnahmen wie Werbung, welche die Gefährlichkeit vom Kiffen aufzeigen soll, schlagen bei Konsumenten nicht an. Mit den Pilotversuchen will man Vor- und Nachteile einer alternativen Regulierungsform von Cannabis ermitteln. Würde es zum Beispiel Sinn ergeben, wenn Apotheken Hanf reguliert verkaufen und somit das Geld anstatt in die Taschen der Schwarzmarkt-Dealer, in die Staatskassen fliesst?
Thomas Werner, Vizepräsident der SVP Kanton Zug, spricht sich gegen den angenommenen Gesetzesentwurf des Bundesrats aus. Werner hat nichts gegen medizinische Cannabis-Pilotversuche einzuwenden. Für ihn ist es allerdings unverständlich, teure Studien für den Freizeitkonsum von Cannabis durchzuführen. Cannabis, so sagt er, sei ein Suchtmittel, dessen Gefahren ernst zu nehmen sind. Zur Frage, weshalb der Kanton Zug bislang kein öffentliches Interesse an der Beteiligung solcher Versuche gezeigt hat, meint er zudem folgendes: «Es gibt schlicht keinen vernünftigen Grund für den Kanton Zug, sich für ein solches Pilotprojekt zu melden oder zu engagieren.»
Die SVP spricht sich auch klar gegen eine Legalisierung von Cannabis aus. Einer der Gründe dafür: Es sei noch zu wenig über die negativen gesundheitlichen Auswirkungen bekannt. Bereits heute würden, so sagt Thomas Werner, sehr hohe Kosten durch Suchtpatienten in psychiatrischen Kliniken anfallen. Zudem rechnen Spezialisten durch den Konsum von Cannabis vor allem im psychischen Bereich mit einem starken Zuwachs an Erkrankungen.
«Die Legalisierung wäre ausserdem ein fatales Zeichen an unsere Jugendlichen.», berichtet Thomas Werner. Präventionsmassnahmen würden für Teenager an Glaubwürdigkeit verlieren; eine Legalisierung würde demnach falsche Signale aussenden. Es würde die Nachricht vermittelt: Cannabis sei ja gar nicht so schlimm. Eine weiteres Problem bei der Legalisierung von Cannabis seien die Einwanderer. «Es bestünde die Gefahr einer Sogwirkung von Konsumenten aus anderen Europäischen Ländern», so Thomas Werner. Zum Vergleich erinnert er an die offene Drogenszene der 1980er und 1990er Jahren in Zürich.
Die Gemeinden sollen wissenschaftliche Studien über den Cannabiskonsum durchführen können, findet Manuela Weichelt-Picard, Nationalrätin und Vorstandsmitglied der Alternativen Zug. Die Alternativen die Grünen Zug stehen hinter dem Beschluss des Schweizer Parlaments und blicken den Pilotversuchen positiv entgegen. Sie würden sogar eine Beteiligung der Zuger Gemeinden an den Projekten begrüssen. Die wissenschaftlichen Studien, die in Zukunft durchgeführt werden können, seien befristet und streng reglementiert. Einsteiger und Minderjährige seien vom Pilot ausgeschlossen. Zudem könne dadurch die Vor- und Nachteile alternativer Regulierungsformen, zum Beispiel der regulierte Verkauf in Apotheken, ermittelt werden. Die Projekte bieten demnach viele Vorteile für die Schweizer Cannabis-Politik.
Grundsätzlich sprechen sich die Alternativen die Grünen für eine Legalisierung von Cannabis aus. Weichelt-Picard begründet dies wie folgt: «Mit dem heutigen Verbot werden in der Schweiz Millionen am Staat vorbei verdient und somit nicht versteuert.» Sie meint auch, dass der Schwarzmarkt, inklusive seiner kriminellen Strukturen, floriere. Um die Qualität des Cannabis kontrollieren zu können, die Kriminalität in der Schweiz zu tilgen und Kosten zu sparen, müsse sich etwas in der Cannabis-Politik verändern. Für die Grünen sind die erlassenen Pilotversuche zu Genusszwecken ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Obwohl nun Cannabis-Pilotversuche zu Genusszwecken vom Schweizer Parlament erlaubt wurden, liegt eine Legalisierung von Hanf noch in weiter Ferne. 2008 wurde die Hanfinitiative, durch welche Cannabis legalisiert worden wäre, klar abgelehnt. Ob sich die Meinung der Bevölkerung zur Cannabis-Politik durch die nun erlassenen Studien allerdings verändert, sei offen gestellt. Erst die Zukunft wird zeigen, wie sich die Haltungen der Schweizerinnen und Schweizer zur Cannabis-Politik entwickeln.
redaktion@zugerwoche.ch
Von Svenja Müller
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