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«Unser Gewerbe war schon vor der Pandemie gut aufgestellt», sagt Gemeindepräsident Walter Lipp. Foto: zvg
Die letzten zwei Jahre waren für alle alles andere als einfach. Aber für Gemeindepräsident Walter Lipp hat sich Baar gut geschlagen.
Herr Lipp, wie steht die Gemeinde Baar nach zwei Jahren Corona da?
Natürlich hoffen wir alle, dass diese Pandemie möglichst bald vorbei ist und wir alle wieder zur Normalität zurückkehren können. Ich glaube, wir sehen auch schon das Licht am Ende des Tunnels. Der Gemeinde Baar geht es gut, weil wir ein gutes System haben. Ich sage immer, wir dürfen froh sein, in der Schweiz zu leben, im Kanton Zug und in der schönsten Gemeinde: Baar. Wir schaffen das.
Was waren in den letzten zwei Jahren die grössten Herausforderungen für Sie?
Für das Gemeindewesen war es das Wichtigste, dass wir den Betrieb aufrechterhalten und für die Bevölkerung da sein konnten, und dass die Mitarbeitenden gesund bleiben. Natürlich hatten wir Vorgaben, vom Bund, vom Kanton. Aber wir haben es geschafft, immer unsere Dienstleistungen zu erbringen.
Wie geht es der Gemeinde wirtschaftlich?
Wir haben eine Härtefall-Regelung eingeführt, das heisst, dass sich jene melden konnten, denen es nicht gut ging. Aber es kamen nur vereinzelte Gesuche. Das hat auch mit der Hierarchie zu tun, zuerst kommen ja die Entschädigungen vom Bund, dann vom Kanton und erst am Schluss von der Gemeinde.
Was muss ich unter vereinzelten Gesuchen verstehen? Reden wir von 30 bis 40 oder von zwei bis drei Gesuchen?
Wir reden von zwei, drei Fällen. Und nur in einem einzigen Fall kam es dann tatsächlich zu finanziellen Leistungen. Unser Gewerbe war ja schon vor der Pandemie gut aufgestellt, darum konnte es die Krise auch gut meistern. Natürlich lese ich im Amtsblatt immer wieder von Konkursen. Aber das sind Firmen, die kommen und gehen. Die Eingesessenen sind solide aufgestellt.
Finanziell geht es Baar ja sehr gut. Wo wollen Sie jetzt investieren?
Die Schule Wiesental wird für 94?Millionen Franken abgebrochen und wieder neu aufgebaut. Dann wird die Schule Sternmatt I für 53?Millionen Franken erweitert und saniert und im Sternmatt 2 wird für 17 Millionen eine Dreifachturnhalle gebaut. Von all diesen Projekten profitieren nicht nur die Schüler, sondern auch die Vereine, die so zusätzliche Räume und Infrastruktur zur Verfügung haben. Dazu investieren wir 4 Millionen Franken in ein Gebäude für die schulergänzende Betreuung. Sie sehen, wir setzen gerade einige Infrastrukturprojekte um. Aber daneben gibt es auch andere Themen. Zum Beispiel Wohnen im Alter ist uns sehr wichtig. Und der Aussenbereich des Hallen-Freibades Lättich wird saniert. Zudem haben wir die IT umgestellt, wir arbeiten jetzt mit der Stadt Zug zusammen, damit wir Synergien nutzen können. Im Sommer wird dann auch die IT der Schulen an die IT der Stadt Zug angeschlossen. Das wird sicherlich auch ein anspruchsvolles Projekt.
Die meisten Investitionen betreffen den Bildungssektor. Was steht sonst noch an?
Wir wollen die Gemeindeordnung einer Revision unterziehen. Mittlerweile hat sie ja schon 20 Jahre auf dem Buckel. Und inzwischen hat sich das übergeordnete Recht verändert, deshalb müssen wir die Gemeindeordnung anpassen. Und eine ganz wichtige Herausforderung wird sein, wieder die Gemeindeversammlung zu stärken. Die hat in der Pandemiezeit stark gelitten. Wir sind jetzt auf 100 Teilnehmer runtergegangen, das müssen wir wieder verdreifachen.
Könnte man eine Gemeindeversammlung nicht auch online durchführen?
Ich finde, dass die direkte Demokratie spielen muss und das geschieht vor Ort. Jedermann und jedefrau sollte daran teilnehmen können. Und im persönlichen Kontakt kann man die Befindlichkeit der Menschen auch viel besser spüren als über einen Bildschirm. Wenn die Leute an einer Videokonferenz sitzen und die Kamera ausschalten, können sie ja drei, vier Sachen gleichzeitig machen: ein bisschen Sport, etwas essen und trinken. An der persönlichen Gemeindeversammlung vor Ort sind die Leute konzentrierter bei der Sache.
Wie stehts mit Wohnungen?
Ja, preisgünstiger Wohnraum ist sicher auch ein Thema. Aber wir wollen nicht wirklich in den privaten Wohnungsbau eingreifen. Dennoch wird das Thema in der Ortsplanungsrevision aufgegriffen. Die Gemeinde ist ja ständig am Wachsen. Inzwischen haben wir 24?850 Einwohner. Dafür braucht es die entsprechende Infrastruktur. Die Frage ist: Wie soll sich Baar entwickeln? Da setzen wir auch auf die Beteiligung und den Input der Bevölkerung.
Wie sieht Ihre persönliche Vision von Baar aus?
Baar soll sich entwickeln. Es soll nach wie vor attraktiv und lebenswert sein. Und wir brauchen ein moderates Wachstum, aber der grösste gemeinsame Nenner soll sein, dass alle Baarerinnen und Baarer zufrieden sind und sich wohl fühlen.
Reden wir nochmals über das Wohnen im Alter.
Ja, das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Gemeindepolitik. Deshalb wurde vor ein paar Jahren die Planung für ein neues Alterszentrum Bahnmatt sistiert. Gefragt sind heute andere Wohnformen. Darum stellen sich folgende Fragen: Welche Dienstleistungen müssen wir anbieten, damit die Menschen möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden leben können. Wie können wir mehr Alterswohnungen schaffen? Bei den Bebauungsplänen arbeiten wir mit den Eigentümern zusammen, damit sie auch entsprechenden Wohnraum einplanen. Alles in allem glaube ich aber, dass wir gut unterwegs sind. Für ältere Menschen ist durchaus Wohnraum vorhanden.
Sie sind ja auch nicht mehr der Jüngste. Wie wollen Sie im Alter wohnen?
Ich glaube, mir geht es wie den meisten Menschen, die wir befragt haben: Ich möchte so lange wie möglich daheim bleiben. Vielleicht in einer kleineren Wohnung, aber behindertengerecht mit Lift. Mich selbst sehe ich eher nicht im Altersheim. Der Plan wäre also von der kleineren Wohnung direkt ins Pflegeheim.
Oder auf den Friedhof.
(Lacht.) Na das wollen wir doch noch nicht hoffen. Jetzt kommen erst mal die Wahlen und ich würde gerne noch vier Jahre anhängen. Aber natürlich denke ich schon ans Alter. Ich habe zum Beispiel eine Vorsorge- und Patientenverfügung gemacht.
Käme eine Alters-WG für Sie nicht infrage?
Daran habe ich noch nie gedacht. Aber vielleicht sollte ich mich mal damit auseinandersetzen. Wir hatten ein entsprechendes Projekt in Baar ja schon ausprobiert und das hat gut funktioniert. Das könnte schon eine Wohnform für die Zukunft sein.
Wie steht es momentan um die Kultur in der Gemeinde Baar?
Leider können wir wegen der aktuellen Corona-Lage nicht aus dem Vollen schöpfen. Die Zahl der kulturellen Anlässe ist deutlich zurückgegangen. Oft wurden die Veranstaltungen erst verschoben und dann schliesslich ganz abgesagt. Immerhin konnten wir letztes Jahr die Chilbi und den Christchindli-Markt unter Einschränkungen durchführen. Ich glaube, das war für die Bevölkerung sehr wichtig. Wir mussten aber auch heftige Kritik einstecken. Aber es hat sich gezeigt: Die Leute gehen sehr gerne raus. Wir alle vermissen die Baarer Festkultur. Man hat ja schon Sachen gemacht ? aber immer mit einer gewissen Zurückhaltung und mit weniger Begeisterung als sonst. Aber das ging ja allen so ? und zwar weltweit. Ausser vielleicht beim britischen Premier Boris Johnson. Der durfte trotzdem Partys feiern (lacht).
Im letzten Sommer war vieles plötzlich wieder möglich. Denken Sie auch, dass das dieses Jahr wieder der Fall sein wird?
Ja, unbedingt. Wir merken jetzt schon, dass viele Anlässe auf Frühling, Sommer, Herbst verschoben werden. Das spüren wir auch bei den Reservationen unserer Räumlichkeiten. Wir könnten sie schon jetzt zwei- bis dreifach vergeben. Ich selbst würde gerne einmal die Landammannfeier durchführen, vielleicht vor oder nach den Sommerferien. Nochmals verschieben wollen wir sie bestimmt nicht. So denken auch viele Vereine. Ich hoffe, es wird nicht zur Gewohnheit, dass man Anlässe nur noch von Mai bis Oktober durchführen kann. Und am 1. Mai findet in Baar das kantonale Schwingfest statt. Wir gehen schwer davon aus, dass bis dann die Massnahmen wieder reduziert werden.
Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie da?
Am Anfang waren es 2500, mittlerweile haben wir das Konzept überarbeitet und planen mit weniger Besuchern. Wir wollen auf der sicheren Seite sein.
Was erwarten Sie von 2022?
Es wird ein intensives Jahr. Es stehen ja die Gesamterneuerungswahlen an. Und da drei von sieben Gemeinderätinnen und -räte nicht mehr antreten, wird es eine spannende Wahl.
Andy Stauber
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