Chriesisturm
Mit Leitern und Hutten durch die Zuger Altstadt
Nach einem zweijährigen Unterbruch findet der Zuger Chriesisturm am 20. Juni endlich wieder statt. Bereits zum 12. Mal werden sich fünf Zweierteams in den engen Gassen der Zuger Altstadt spektakuläre Positionskämpfe liefern.
Bei den Damen starten Einzelläuferinnen mit einer Hutte am Rücken. Und um den Nachwuchs machen sich die Zugerinnen und Zuger keine Sorgen: Schulkinder aus dem Schulhaus Kirchmatt nehmen am diesjährigen Rennen teil. Der Chriesisturm beginnt pünktlich um 12 Uhr, wenn die Chriesigloggä der Stadtzuger Pfarrkirche St. Michael die Chriesisaison im Kanton Zug einläutet. Die Kunde vom alljährlich stattfindenden Chriesisturm hat sich in den vergangenen Jahren weit über die Grenzen der Stadt Zug hinaus verbreitet. Mit dem skurrilen Brauch erinnern die Zuger daran, dass die Bürger der Stadt im 18. Jahrhundert mit Leitern bewehrt hinaus auf die Allmend eilten, sobald die Chriesigloggä ertönte. Wer dort seine Leiter zuerst an einem Baum angestellt hatte, durfte ungestört die Früchte dieses Baums ernten. Im Chriesisturm wird diese Tradition seit einigen Jahren neu belebt. Fünf Zweierteams liefern sich auf einem Rundkurs ein spektakuläres Laufduell durch die engen Gassen der Altstadt. Dieses Rennen findet nun nach zwei Jahren Unterbruch, die durch die Covid-19-Pandemie verursacht wurden, wieder statt.
Traditionell gut vertreten sind beim Chriesisturm die Zuger Zünfte. In diesem Jahr sind Paare der Bäckerzunft, der Zunft der Bauleute sowie der Schreinerzunft gemeldet. Ihnen wird ein austrainiertes Team der Zuger Polizei Beine machen und auch eine Equipe der Raiffeisenbank will in die Entscheidung eingreifen. Start und Ziel des Rennens liegen übrigens bei der Liebfrauenkapelle am Südzugang zur Altstadt. Die Damen starten als Einzelläuferinnen. Sie tragen eine Hutte am Rücken. Das ist ein traditioneller geflochtener Tragkorb, in dem die süssen Kirschen nach der Ernte nach Hause getragen wurden. Doris Turrin, Repräsentantin der Zuger Kantonalbank, gewann die letzte Austragung des Rennens vor drei Jahren. Sie tritt an, um ihren Titel zu verteidigen. Sie wird herausgefordert von der Oberwiler Chriesibäuerin Andrea Iten als Vertreterin des Bauernstands und von Sonya Hegglin als Vertreterin der Zuger Wirtschaft. Mit dabei ist auch Laura Dittli, Tochter eines Chriesibauern aus Oberägeri, Präsidentin der Mitte Kanton Zug und Regierungsratskandidatin. Als Favoritin gehandelt wird auch Petra Strickler-Joller vom STV Menzingen. Den Kindersturm bestreiten jeweils Stadtzuger Schulklassen mit kürzeren Leitern. Sie sorgen dafür, dass auch die junge Generation mit dem Zuger Brauchtum vertraut gemacht wird und so die Tradtion weiterträgt. In diesem Jahr rennen die Schülerinnen und Schüler der 5. Primarschulklasse von Theo Auf der Maur aus dem Schulhaus Kirchmatt in Zug.
Die diesjährige Kirschenernte kündigt sich übrigens verheissungsvoll an. Der gefürchtete Aprilfrost hat in diesem Jahr kaum Schaden angerichtet, obwohl die Bäume schon früh blühten. «Die Bäume sind voller Früchte. Jetzt dürften sie noch etwas an Grösse zulegen», stellt Chriesibauer und Kultbrenner Hermann Röllin aus Notikon bei Baar fest. Einzig ein grosses Hagelunwetter oder die unselige Kirschessigfliege könnten eine wunderbare Kirschernte jetzt noch verhindern, fügt er hinzu. Auch die Liebhaber von Tafelkirschen dürfen sich freuen. «Der Behang ist dicht und die Früchte haben sich gut entwickelt», erklärt Christian Burri vom Hof Hubel in Hünenberg. Die Ernte der Frühsorten sei bereits angelaufen. Damit liege man im langjährigen Durchschnitt, führt er aus.
Wann genau die Chriesigloggä, bei deren Erklingen der Chriesisturm starten wird, erstmals geläutet wurde, weiss niemand genau. Der erste Beleg für die Stadt Zug aus den Archiven der Bürgergemeinde geht auf das Jahr 1711 zurück. Auch im benachbarten Baar wird übrigens am 20. Juni die Chriesigloggä im Turm der Pfarrkirche St. Martin erschallen. Auch hier war das früher das Zeichen für den Beginn der Kirschenernte. Der früheste Beleg für die Baarer Chriesigloggä ist im Archiv der Korporation Baar-Dorf aus dem Jahr 1731 zu finden. Mit dem Chriesisturm beginnt die Kirschensaison offiziell. Das feiern die Zugerinnen und Zuger anschliessend an die Rennläufe mit einem Volksfest auf dem Landsgemeindeplatz. Hier können ab 11 Uhr auch die ersten pflückfrischen Kirschen verkostet und gekauft werden. Und ab sofort gilt: Jetzt Kirschen essen! PD
www.zugerchriesi.ch
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