Laura Dittli
Die OK-Chefin freut sich auf die Meisterschaften im Vereinsturnen
«Mit einer dreijährigen Tochter werde ich jeden Tag herausgefordert», sagt Martina Hingis. ⋌Foto: zvg
25 Grand-Slam-Titel, 209 Wochen lang die Nummer eins des Welttennis: Martina Hingis ist die erfolgreichste Sportlerin der Schweiz. Sie ist überzeugt, dass es in Zug ein Profi-Tennisturnier braucht.
Sie spielen mittlerweile auch für den Tennisclub Zug. Wie lief das am Anfang ab? Sind sie einfach zum Empfang gegangen und haben gesagt «Hallo, ich bin Martina Hingis, ich würde gerne bei euch spielen?»
Ich bin ja vor vier Jahren nach Zug gekommen. Und fast die ganze Familie meines Mannes spielt im Tennisclub Zug. Daher war es für mich selbstverständlich, dass ich mich auch doch dort anmelden werde. Ausserdem ist es von meinem Wohnort aus gesehen der nächste Club.
Ich dachte als Weltstar hätten Sie sicher ihren eigenen Tennisplatz.
Ich bin ein sehr sozialer Mensch. Ich habe gerne Leute um mich herum. Und ich fühle mich sehr wohl im Tennisclub Zug. Mittlerweile bin ich sogar Ehrenmitglied geworden.
Mit Zug spielen Sie auch Interclub. Ist das für Sie noch eine Herausforderung?
Na, das Tennisspielen ist nicht das Problem. Aber bei der Kondition wird es manchmal schon ein bisschen schwierig. Ich bin ja schon 42 Jahre alt und auch im Interclub wird noch auf hohem Niveau gespielt. Ich schaue, dass ich noch zwei, drei Mal in der Woche zum Spielen komme.
Mit dem Zug Open entsteht jetzt ein völlig neues Tennisturnier. Warum braucht es ein solches?
Für die Nachwuchsförderung. Bei einem solchen Turnier haben die Jungen die Möglichkeit, sich mit sehr guten Spielern zu messen. Und sie können ein bisschen internationale Tennisluft schnuppern. Ausserdem wird Zug eines der vier grossen Turniere in der Schweiz sein. Es findet kurz nach Gstaad statt und es kann gut sein, dass gut platzierte Spieler von Gstaad nach Zug kommen, weil sie ja schon in der Gegend sind. Ich glaube, dass die Turniere gegenseitig voneinander profitieren können. Und Zug war ja schon immer eine grosse Sportstadt. Allerdings immer ein bisschen Eishockey-lastig. Vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, dass wir die EVZ-Fans auf den Sommer umpolen. (Lacht.)
2013 wurden Sie in die International Tennis Hall of Fame aufgenommen, sind also eine lebende Legende. Hat man nach so einer so erfolgreichen Karriere noch Ziele im Leben?
Es gibt immer neue Ziele. Klar, früher war Tennis mein Leben. Aber jetzt mit einer dreijährigen Tochter werde ich auch jeden Tag herausgefordert. Und das Schöne ist ja, dass ich es mir dank meiner Erfolge auch leisten kann, möglichst viel Zeit mit meinem Kind zu verbringen.
Ich dachte an einen Trainerjob. Viele Ex-Fussballer suchen nach der aktiven Karriere ja zum Beispiel einen Job an der Seitenlinie.
Gut, ich bin ja Coach des Schweizer Fed-Cup-Teams. Aber das hat sich ja direkt für die Finalrunde im November qualifiziert. Das heisst für mich, es wird erst dann wieder etwas zu tun geben. Das sind dann vielleicht zehn Tage Arbeit, die ich sehr gerne mache. Und sonst hat meine Mutter eine eigene Tennisschule, da schaue ich immer wieder gerne vorbei und spiele mit den Kids. Es gibt auch sehr gute Spielerinnen und Spieler darunter, deren Entwicklung ich mit viel Freude beobachte. Und natürlich gibt man dann auch den einen oder anderen Tipp. Übrigens gibt es auch am Zug Open einen Kids-Day. Ich werde dort mit den Kindern ein wenig trainieren.
Wenn Sie sich den Nachwuchs anschauen: Ist schon eine neue Martina Hingis oder ein neuer Roger Federer in Sicht?
Es gibt schon einige Talente. Das Problem in der Schweiz ist halt, dass Tennis immer noch als Amateur- und Hobbysport angesehen wird. Es kommt selten vor, dass Eltern bei ihrem Kind alles auf die Sportkarte setzen. Man wünscht sich zuerst, dass es eine «richtige» Ausbildung macht, möchte nicht volles Risiko gehen, was absolut verständlich ist. Aber das hat auch mit den Strukturen zu tun. In Amerika zum Beispiel können Sportlerinnen und Sportler ein Stipendium an einem College erhalten und die Ausbildung und den Sport so miteinander verbinden. Bei uns ist das nicht so einfach. Dafür braucht es auch mehr Rückhalt für den Sport in der Bevölkerung. So gesehen ist das Zug Open auch ein Schritt in die richtige Richtung.
Wenn Sie Interclub spielen: Wie gross ist ihr sportlicher Ehrgeiz noch?
Na, wenigstens sind wir nicht abgestiegen. (Lacht.) Natürlich möchte ich immer noch gewinnen, aber das ist in meiner jetzigen Laufbahn tatsächlich nicht mehr so wichtig. Jetzt geht es mir um den Spass, um den Kontakt mit den Menschen, um Freundschaften. In Wimbledon spiele ich zum Beispiel bald mit den sogenannten «Legenden». Da freue ich mich natürlich darauf, meine alten Kolleginnen und Kollegen zu sehen und sie meiner Tochter vorzustellen. Darauf freue ich mich wie ein kleines Kind. Und natürlich auch auf das Doppel mit Kim Clijsters.
Sie haben mal gesagt, dass Ihnen das Doppel in Ihrer Karriere am meisten Freude gemacht hat. Warum eigentlich?
Doppel ist unbeschwerter. Einzel ist physisch viel fordernder. Natürlich freut man sich, wenn man im Einzel am Schluss den Pokal hochstemmen kann, aber es ist ein beschwerlicher Weg dorthin und oft auch ein einsamer. Doppel kann man mehr geniessen und die Freude auch teilen, man hat jemanden an seiner Seite, isst zusammen Znacht. Das Einzel braucht viel mehr Aufwand, da erträgt es auch viel weniger. Beim Doppel hat man mehr Zeit und darf am Abend vielleicht auch mal etwas trinken (lacht). Und wenn man dann am Matchtag keinen guten Tag hat, kann man immer noch darauf hoffen, dass die Partnerin oder der Partner besser ist als man selbst (lacht). Man kann einander also helfen und sich gegenseitig motivieren. Das macht letztlich mehr Spass.
Das Zug Open ist ein reines Männerturnier. Hätten Sie lieber ein Damenturnier gehabt?
Wir dürfen froh sein, dass es in Zug überhaupt ein solches Turnier gibt. Zug als Sportstadt ist absolut prädestiniert dafür.
Finaport Zug Open, ATP Challenger 125, vom 24. bis am 31. Juli 2022 in Zug. Martina Hingis trainiert am Family & Kids Day (24. Juli) mit 50 sportbegeisterten Kindern aus der Region. Mehr Informationen unter der Website: www.zugopen.ch.
Andy Stauber
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