Lion Gallusser
wird Nachfolger von Simon Müller und neuer Intendant der Zuger Sinfonietta
Das Coronavirus kann uns nicht nur körperlich krank machen, auch unsere psychische Gesundheit leidet unter der Pandemie. Wir haben mit André Widmer, Stellenleiter der Triangel Beratung, und Sarah Müller, Psychologin und Mitarbeiterin des Amts für Sport und Gesundheitsförderung, darüber gesprochen.
Covid-19 ? Kein anderes Thema hat uns von 2020 bis heute so stark beschäftigt wie dieses. Und das nicht ohne Grund, denn das Virus gefährdet nicht nur unsere körperliche Gesundheit, auch unsere Psyche ist aufgrund der Pandemie besonderen Belastungen ausgesetzt. Gesundheitliche Bedrohung, Existenzängste und die Isolation führen zu Stress, Einsamkeit und Depression. Laut einer Statistik des Bundesamts für Gesundheit fühlen sich 15 Prozent der Schweizer Bevölkerung Ende Oktober 2020 schlecht bis sehr schlecht. Dabei schätzen ältere Personen ihr Befinden im Vergleich zu jüngeren Personen besser ein.
Sarah Müller, Psychologin MSc und Mitarbeiterin des Amts für Sport und Gesundheitsförderung des Kantons Zug, ist unter anderem für die Leitung kantonaler Projekte im Bereich der Stärkung der psychischen Gesundheit zuständig. Zudem führt sie die Webseite Psychische Gesundheit Zug, www.psgz.ch. Dort veröffentlicht sie Informationen und Tipps für eine gesundheitsfördernde Lebensweise der Zuger Bevölkerung. Zudem verweist die Internetseite auf verschiedene Anlaufstellen ? so auch auf die Triangel Beratung Zug.
Die Anlaufstelle Triangel führt zum einen Schulden- und Budgetberatungen durch, mit dem Ziel, den betroffenen Personen ein schuldenfreies Leben zu ermöglichen oder ihnen allenfalls beizubringen, mit den vorhandenen Schulden zu leben. Wichtig ist, die Finanzkompetenz der Betroffenen zu verbessern. Es werden auch systematische Beratungen für verschiedene Problematiken durchgeführt. «Die Sorgen sind dabei so unterschiedlich, wie die Möglichkeiten ihnen zu helfen», erklärt Stellenleiter André Widmer.
Für beide, Sarah Müller sowie André Widmer, hat sich die Situation durch Covid-19 stark verändert. Sarah Müller erzählt, im Amt für Sport und Gesundheitsförderung sei die hohe Arbeitsbelastung durch die Corona-Pandemie spürbar: «Die Pandemie erfordert von uns allen extrem viel Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Kompromissbereitschaft und Solidarität.» Zudem war ein deutlicher Zuwachs der Seitenaufrufe der Webseite Psychische Gesundheit Zug im Frühjahr 2020 während des ersten Lockdowns, sowie Ende des Jahres ab November festzustellen.
Bei der Beratungsstelle Triangel melden sich vermehrt einsame Personen, die unter den fehlenden sozialen Kontakten leiden. Aber auch die gegenteilige Situation, der zu engen sozialen Kontakte, rufe laut André Widmer grosse Schwierigkeiten hervor. «Dort wo Menschen in engen räumlichen Verhältnissen zusammenleben müssen, weil die Schule nicht mehr stattfindet, Homeoffice angesagt ist oder Quarantäne verordnet wurde». In der Schuldenberatung kam der typische «Corona-Fall» bis anhin allerdings nicht sehr häufig vor. André Widmer geht aber davon aus, dass die Auswirkungen der Pandemie in diesem Bereich etwas verzögert eintreten werden.
Das BAG beschreibt die Corona-Pandemie als Brennglas für psychische Probleme. Bestehende Tendenzen von Ungleichheit und Vorbelastung werden durch die Krise verstärkt. Auch Widmer meint, die Pandemie verursacht belastende Situationen, wie zum Beispiel Einsamkeit durch fehlende soziale Kontakte, Existenzängste durch Verlust der Arbeit, oder Hilflosigkeit durch Verlust von nahestehenden Menschen. Sarah Müller erwähnt zudem die im Januar 2021 vom BAG publizierte Liste von Risikofaktoren, welche psychische Probleme während der Pandemie fördern. Darunter sind die Angst vor dem Virus, Prekäre finanzielle Situationen oder die Unsicherheiten in Zusammenhang mit der Arbeitsstelle. Des Weiteren gehören auch eine tiefe Kontrollüberzeugung, körperliche Inaktivität, negatives Denken sowie das Misstrauen in die staatlichen Institutionen zu den Risikofaktoren.
Doch was kann man tun, um den Risiken zu entgehen und die eigene psychische Gesundheit zu stärken? Sarah Müller gibt wertvolle Tipps: Regelmässige körperliche Aktivität, Bewegung an der frischen Luft, positives Denken, Ausüben von Hobbys, Neues ausprobieren, kreativ sein ? all das sei Balsam für die Seele. Helfen würde auch der Austausch mit Freunden und Familie und das Sprechen über Belastungen und Sorgen ? momentan natürlich vermehrt digital per Video-Call. Sarah Müller weist zudem auf die alltägliche Routine: «Weil der Alltag bei vielen von uns aktuell etwas anders aussieht, sollte man versuchen sich neue Routinen anzueignen. Routinen, seien sie noch so klein und für Aussenstehende unbedeutend, vermitteln uns Sicherheit. Auch kleine Bewegungs- oder Achtsamkeitsübungen im Homeoffice wirken sich positiv auf unser Wohlbefinden aus. Wichtig ist, dass man sich auch in dieser schwierigen Situation immer wieder kleine Freuden im Alltag bereitet und Lichtblicke schafft». André Widmer pflichtet dem bei. Ganz im Allgemeinen sei es wichtig, zu sich selber zu schauen und auf seinen Körper und seine Seele zu hören, erläutert er.
Wenn Sie merken, dass es einer Person in ihrem Umfeld psychisch schlecht geht, dann sollten Sie das Gespräch mit dieser Person suchen, sagt Sarah Müller. André Widmer fügt hinzu: «Nehmen Sie sich Zeit für diese Person, gehen sie in der Natur spazieren und sind sie ein guter Zuhörer. Wenn das Krankheitsbild bekannt ist, akzeptieren sie, dass dieser Mensch krank ist und informieren sie sich darüber. Wenn diese Person noch nicht in psychologischer Behandlung ist, motivieren sie, eine Fachperson aufzusuchen».
Psychischen Belastungen kämen oft schleichend, erklärt Sarah Müller: «Manchmal hören Gefühle wie Traurigkeit, Angst oder Wut nicht mehr auf und werden immer bedrückender». André Widmer empfiehlt daher, wenn man nicht mehr zu sich selbst schauen kann, der Alltag zur Last wird und man nicht mehr weiterleben möchte, dann sollte man sich unbedingt mit einer Vertrauens- oder Fachperson austauschen. Weitere Infos und Hilfe unter www.psgz.ch & www.triangel-zug.ch
redaktion@zugerwoche.ch
Von Svenja Müller
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