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«Ich bin innovativ, darum gewinne ich», sagt Hansruedi Wälchli. Foto: zvg
Grillieren ist keine Hexerei, sagt Weltmeister Hansruedi Wälchli. Es brauche nur Technik und Wissen. Der Zuger Woche verriet er ein paar Tipps.
Was ist einer der grössten Fehler, die Laien am Grill machen können?
Der erste grosse Fehler ist meist, dass man zu wenig lange wartet bis die Glut richtig heiss ist. Viele Laien legen das Fleisch zu früh drauf und dann schmeckt es nach Brennsprit oder nach der Anzündflüssigkeit.
Wie weiss man denn, ob die Glut richtig ist?
Wenn man die Hand 20 Zentimeter über die Glut hält und sie nach drei, vier Sekunden wieder zurückziehen muss, dann ist die Glut gut. Sonst ist es viel zu wenig heiss und das heisst, dass die Anzündflüssigkeit noch nicht verflogen ist – und das schmeckt man. Es gibt auch einen optischen Test: Wenn die Kohle einen weisslich-gräulichen Film erhält, dann ist sie auch heiss genug.
Messen Sie beim Fleisch auch immer die Temperatur?
Nein, das mache ich meist auch mit dem Handtest. Aber warum brauchen wir eine hohe Temperatur? Weil wir Röstaromen produzieren wollen! Und Farbe! Sobald die Farbgebung dazu kommt, entsteht der typische Grillgeschmack. Ohne Farbe schmeckt alles ein bisschen mau.
Wie merke ich, wann ich das Fleisch wenden muss?
Dazu benutzt man auch den Handtest und hat es dann nach ein-, zweimal Grillieren im Gefühl. Schlimm ist, wenn das Fett oder die Marinade über längere Zeit in die Glut tropft und sich vielleicht sogar entzündet. Das macht die Fleischstruktur kaputt. Und es riecht auch verbrannt – und ist sogar gesundheitsschädigend. Wenn es nur ab und zu tropft, ist alles noch im gesunden Rahmen. Aber wenn es permanent tropft, dann ist es eine Katastrophe.
Das heisst, ich muss die Marinade sparsam auftragen?
Jetzt wird es tricky. (Lacht.) Ja, das stimmt, wenn man über der direkten Glut grilliert – was übrigens die meisten machen. Anders sieht es aus, wenn man indirekt grilliert.
Indirekt grillieren heisst, ich habe auf der einen Seite des Grills die Glut und auf die andere Seite lege ich das Grillgut. Und mach einen Deckel drauf.
Richtig, der Deckel ist wichtig, denn so entsteht im Grill ein Garraum. Das ist der Backofeneffekt, ohne Deckel würde man nicht die Temperatur erreichen, die es braucht. Auf der Seite ohne Glut können sie unter den Rost eine Tropfschale mit Jus, Bier oder Wein stellen. Dort kann es reintropfen, so viel es will, da passiert nichts. Es braucht etwa eine Temperatur von 220 Grad im Garraum, damit die Röstaromen entstehen und das Grillgut in einer vernünftigen Zeit fertig ist.
Wann sollte ich indirekt grillieren?
Immer dann, wenn man ein grosses Grillgut hat, also zum Beispiel ein grosses Stück Fleisch oder grosses Gemüse. Dafür braucht man ein geschlossenes System. Die Bratwurst indirekt zu grillieren macht hingegen keinen Sinn. Sie muss schnell eine braune Farbe entwickeln und das passiert nur direkt über der Glut.
Was ist besser? Gas oder Kohle?
Das spielt überhaupt keine Rolle. Geschmacklich ist das völlig identisch. In einem Blindtest werden Sie nie herausfinden, ob das Grillgut von einem Gas- oder Kohlegrill stammt.
Wie siehts mit einem Elektrogrill aus?
Das muss kein Unding sein. Sehen Sie, wenn Sie einen Balkon mit einer Steckdose haben und nur zwei-, dreimal pro Jahr grillieren, kann ein Elektrogrill durchaus seine Berechtigung haben. Aber für einen Hardcore-Griller ist das sicher nichts. Der lacht da nur. Aber das hat auch mit dem Feuer zu tun. Irgendwie steckt das tief in uns drin. Feuer hat etwas von Natur, Männlichkeit und Urinstinkt. Das weckt in uns ganz tiefe Gefühle. Das kann ein Elektrogrill nicht leisten.
Was ist ein ausgewogenes Grillmenü? Muss ich dafür einen Brokkoli grillieren?
Sehen Sie, das hat sich stark verändert. Früher haute man eine Wurst oder ein Kotelett auf den Grill und das wars dann. Heute wissen wir halt viel mehr, heute kann man alles auf den Grill legen. Oder indirekt im Kugelgrill grillieren. Warum nicht mal ein Ratatouille oder ein Curry auf dem Grill machen? Es gibt nichts Schöneres.
Ein Curry auf dem Grill?
Ja, klar. Sie nehmen eine Alu- oder Chromstahlschale, tun ein bisschen Öl hinein. Dann schnetzeln Sie Gemüse rein und lassen es ein bisschen ziehen – das gibt den Röstgeschmack. Dann geben Sie ein bisschen Currypaste dazu und ein wenig Salz, löschen es mit Wein ab. Rühren zwei-, dreimal um, warten fünf Minuten und probieren es dann mit einem Löffel. Sie werden sehen: Das gibt ein herrliches Curry! Und was ist der Vorteil? Es ist gleich schnell oder sogar schneller zubereitet als in der Küche und sie erhalten dank der grösseren Hitze viele Röstaromen. Anstatt mit Wein können Sie auch mit Bouillon ablöschen. Oder Sie geben noch Kokosmilch dazu oder Panacotta oder Rahm – je nach Gusto.
Das klingt lecker.
Oder Sie höhlen eine Peperoni aus, salzen, pfeffern und füllen sie mit Reis und Hackfleisch. Eine halbe Stunde auf dem indirekten Grill, fertig. Wie im Backofen.
Was ist Ihr Erfolgsrezept bei Wettkämpfen?
Ich bin ein frecher Siech, darum bin ich erfolgreich. Ich bin innovativ und getraue mich auch mal etwas Neues zu machen. Und ich verstehe etwas von der Sensorik und vom Vitaminlösen.
Vitaminlösen?
Ja, ohne Butter oder Fett lösen sich die Vitamine zum Beispiel nicht aus dem Gemüse – und der Geschmack auch nicht. An Wettbewerben nicht erfolgreich sind diese Naturpfuscher, die immer vom Eigengeschmack reden. Die haben schon von Anfang an verloren. An einem Wettbewerb haben ja alle das gleiche Fleisch. Aber der Wälchli kommt dann mit frischen gehackten Kräutern und anderen Pfeffersorten. Man muss sich abheben von der Masse, frech sein, dann sagt der Juror: Das ist speziell. Ich habe Erfolg, weil ich innovativer bin als andere.
Dann experimentieren Sie sicher viel herum?
Überhaupt nicht, wir trainieren auch nicht.
Sie probieren die Rezepte vor dem Wettkampf nicht aus?
Nein, das ist Blödsinn. Ich mache einfach, ich habe Ideen, viel Erfahrung und ich kann mich in die Juroren hineinversetzen. Es ist zum Beispiel entscheidend, wo ein Wettkampf stattfindet. Da frage ich mich: Was ist dort opportun? In Frankreich mag man zum Beispiel andere Garstufen als in Deutschland. In Deutschland grilliert man heisser. Oder wenn ich in Ungarn bin, dann weiss ich, es darf auch ein bisschen schärfer sein. Diese Dinge sind viel entscheidender als Training.
Wie weiss ich, wann ein ganzer Fisch durch ist? Zum Beispiel eine Forelle.
Eine Forelle hat ja Rückenflossen. Diese halten Sie mit zwei Fingern. Wenn Sie die Rückenflosse so ganz einfach herausnehmen können, dann ist der ganze Fisch durch. Wenn die Flosse nicht rauskommt, dann braucht er noch ein bisschen.
Und ein Fischfilet?
Am besten grillieren Sie ein Fischfilet indirekt auf der Seite. Mit der Haut nach unten. Ein bisschen Salz, Pfeffer, Öl, ein paar Kräuter. Jetzt muss man wissen, dass Fisch einen hohen Eiweissanteil hat. Und Eiweiss gerinnt bei 64 Grad. Wenn auf dem Filet kleine weisse Pünktchen erscheinen, dann wissen Sie, dass das Eiweiss gerinnt und dann ist das Fischfilet auch fertig. Ganz egal, ob Lachs, Forelle oder Saibling.
Das gilt auch in der Pfanne?
Ja, klar. Sehen Sie, Grillieren ist eigentlich völlig einfach. Ich war mal mit meinen zwei Buben – sie waren damals 10, 11 Jahre alt – an den süddeutschen Meisterschaften. Dort durften sie mit den Erwachsenen mitgrillieren. Ich habe ihnen zuerst alles erklärt und dann nur noch von weitem ein paar Anweisungen gegeben. Und sie haben auf Anhieb den zweiten Platz gemacht! Oder ich habe vor etwa 20 Jahren ein Experiment mit der TV-Sendung Galileo gemacht. Wir nahmen irgendwelche Menschen von der Strasse und ich habe sie innerhalb von einer Woche an eine Meisterschaft gebracht. Das sind jetzt perfekte Griller. Grillieren ist Wissen und Technik und keine Hexerei. Das kann jeder – und zwar in der gleichen Perfektion.
Das macht Mut.
Ja, man muss einfach ein paar Dinge wissen. So hat zum Beispiel jedes Fleisch seine perfekte Endkerntemperatur.
Bitte?
Ja, die Temperatur im Innern des Fleisches – und zwar zum Zeitpunkt, bei dem es auf dem Teller liegt. In der Schweiz hat man ein Entrecôte zum Beispiel gerne zwischen seignant und medium. Dort ist die Endkerntemperatur 58 Grad. Das heisst, wenn ich ein 250-g-Stück Entrecôte habe und die Innentemperatur bei 58 Grad liegt, dann schmeckt es den meisten. Diese Temperatur messen Sie aber mit einem Thermometer? Ja. Bei einem Kotelett kommt es darauf an, woher es kommt. Ist es zum Beispiel ein Nierstück dann ist die Endkerntemperatur zwischen 58 und 63 Grad. Wenn es vom Hals kommt, dann ist es durchzogen und braucht mehr Temperatur. Dort liegt die Endkerntemperatur bei 68 Grad. Ist die Temperatur höher, dann ist es trocken. Ein ganzes Stück Roastbeef hat eine Endkerntemperatur zwischen 48 und 52 Grad. So, jetzt können Sie an die Weltmeisterschaften gehen und haben schon gewonnen.
Es ist so einfach?
Es sind einfach Zahlen, die kann man auch googeln. Aber natürlich kommen noch ein paar Kniffe dazu. Man muss zum Beispiel wissen, dass jedes Fleisch noch nachzieht. Ich nehme also zum Beispiel das Entrecôte bei einer Temperatur von 58 Grad raus. Bis es aber auf dem Teller liegt, hat es innen aber schon eine Temperatur von 60 Grad – und Sie haben verloren.(Lacht.)
Es wird heisser?
Ja, man sagt, es zieht nach. Je stärker, desto heisser die Temperatur im Grill war. Der Weg von aussen nach innen ist verzögert. Dann nehmen Sie das Entrecôte also bei einer Temperatur von
55 Grad raus? Genau. Meine Endkerntemperatur gilt für den Teller. Darum gewinnt der Wälchli. (Lacht.)
Andy Stauber
Hansruedi Wälchli hat mit seinem Team, dem World Barbecue Team Switzerland, beeindruckende Erfolge vorzuweisen:
Das Team macht auch gelegentliche Caterings – dies, um die Vereinskasse zu füllen und wieder Geld für weitere Wettkämpfe zu haben. Mehr Infos unter: www.barbecue.ch oder www.grillieren.ch
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