Stadt Zug
Cyrill Lim ist neues Mitglied der Kulturkommission
Cham-Eslen im Frühjahr 4129 v. Chr. Illustration: Salvatore Pungitore.
Die Untiefe von Cham-Eslen im Zugersee wurde 1996 als archäologische Fundstelle entdeckt und in mehreren Etappen ausgegraben. Nun veröffentlicht das Amt für Denkmalpflege und Archäologie die Forschungsergebnisse im Buch: «Fischerhütten des frühen Jungneolithikums in Cham-Eslen.» Die Buchvernissage findet am 16. März statt.
Dass sich in den Tiefen des Zugersees vor Cham verschiedene Steinberge befinden, war schon seit 1920 bekannt. Welchen archäologischen Wert derjenige von Cham-Eslen als Fundstelle hat, wurde jedoch erst 1996 deutlich. Weil die archäologischen Schichten und Funde akut von der Zerstörung durch die natürliche Erosion bedroht waren, grub ein Team von Unterwasserarchäologinnen und -archäologen die wertvollen Zeitzeugen aus und brachte sie an die Wasseroberfläche. Anhand der Fundstelle gelang der erste Nachweis von Pfahlbaufunden im Zugersee, die ins 5. Jahrtausend vor Christus zurückreichen. Die Bedeutung der Fundstelle Cham-Eslen liegt nicht nur in ihrem hohen Alter, sondern auch in der eindeutigen Spezialisierung auf die Fischerei. Die Auswertungsarbeiten eröffneten einen neuen Blick auf die Zuger Pfahlbauten, die bis dahin vor allem durch ihre Überreste an Land bekannt waren. «Das Buch ist der erste Auftakt für eine klarere Sicht auf die archäologischen Verhältnisse unter Wasser. Die zentrale Rolle des Zugersees als Lebensraum und Lebensgrundlage für die damaligen Bewohnerinnen und Bewohner gerät zunehmend ins Blickfeld unserer Untersuchungen», so die Archäologin Renata Huber. Der Archäologe Christian Harb ergänzt: «Die Fundstelle macht deutlich, dass sich unter Wasser zahlreiche urgeschichtliche Relikte befinden, die man dokumentieren und erforschen muss, bevor sie ganz verschwinden.»
Im Buch werden Funde wie Werkzeuge, Gebäudepfähle sowie am Seegrund abgelagerte Schichten wissenschaftlich ausgewertet. Eine nahezu vollständig erhaltene Doppelaxt aus Stein, deren Holzgriff mit aufwändig verzierter Birkenrinde umwickelt war, machte die Fundstelle vor knapp 25 Jahren international bekannt. Weniger spektakulär, aber für die Deutung als Fischereistandort umso wichtiger, sind die rund 1200 gefundenen Senksteine für Fischernetze, mehrere Tausend Fischknochen sowie die Lage des Platzes weit draussen im See bei damals noch höherem Seespiegel. Spannend ist auch der Fund eines Kaugummis aus Birkenpech. Die darin enthaltenen Fischreste liefern wichtige Hinweise auf die Ernährung der Menschen. Auch geben Keramik, Steinbeile, Geräte aus Feuerstein wie Messer oder Pfeilspitzen, Tierknochen und Pflanzenreste detailreich Auskunft über das damalige Leben. Untersuchungen zeigen, dass die Fischerhütte am Standort Cham-Eslen im 43. Jahrhundert v. Chr., im 42. Jahrhundert. v. Chr. und sicher noch einmal um 4000 v. Chr. jeweils neu errichtet wurde.
Das Bild der Fischerhütte allein im weiten See hebt sich vom liebgewonnenen Bild des Pfahlbaudorfs mit Selbstversorgerhaushalten deutlich ab. Die Fischerhütten wurden vermutlich nur saisonal aufgesucht. Ihre Bewohnerinnen und Bewohner waren nicht unabhängig, sondern Teil einer Gemeinschaft, die in grösseren Siedlungsräumen organisiert war. In solchen Gemeinschaften spielte die Kleinfamilie vermutlich eine geringe Rolle. Vielmehr hielten sich grössere Gemeinschaften in wechselnder Zusammensetzung zu verschiedenen Zeiten des Jahres an unterschiedlichen Orten auf.
Renata Huber und Christian Harb vom Amt für Denkmalpflege und Archäologie beschreiben im Buch «Fischerhütten des frühen Jungneolithikums in Cham-Eslen» die Resultate eines intensiven und umfassenden Forschungsprojekts. Erstmals stehen somit die Erkenntnisse über das Leben der Pfahlbauer vor über 6000 Jahren im Zugersee einem interessierten Publikum zur Verfügung. Das Buch erscheint in der Reihe «Antiqua» von Archäologie Schweiz und wird am 16. März an einer Vernissage in der Villa Villette in Cham vorgestellt. PD
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