Chriesisturm
Mit Leitern und Hutten durch die Zuger Altstadt
Bild: Hugo Räber
Dany Kammüller übt Kritik an Christof Gassers zweitem Roman.
Wieder einmal rang ich mich durch, einen Schweizer Roman zu lesen, der – so die «Schweiz am Sonntag» – alles hat, was man sich für einen Krimi wünscht.
Kritik «Solothurn streut Asche» so lautet der Titel des zweiten Romans von Christof Gasser, der in der Nähe von Solothurn wohnt und sich mit dem Schreiben von Romanen einen Jugendtraum erfüllte.
Eine Ordensschwester wird mit einem Aschenkreuz auf der Stirn tot in der Solothurner Einsiedelei aufgefunden. Die Spur führt die Ermittler zu einer obskuren katholischen Gemeinschaft, die Beziehungen zu rechtsextremen Kreisen pflegt. Kantonspolizist Dominik Dornach und Staatsanwältin Angela Casagrande versuchen die Fäden zu entwirren – und kommen dabei einem mörderischen Komplott auf die Spur...
Ganz ehrlich, auch mich hat dieser Krimi von Christof Gasser stellenweise überzeugt, aber eben nur stellenweise. Die geschliffenen Dialoge, wie sie auf dem Buchdeckel beschrieben wurde, waren meiner Meinung eine leere Versprechung. Sie waren zu schweizerisch, zu langatmig, zu plump und zu platt: «Ich hole mir ein Glas Wein, und du erzählst mir alles von vorne. Willst du auch ein Glas Wein?» Das könnte man auch wie folgt schreiben: «Komm wir trinken ein Glas Wein und du erzählst mir alles der Reihe nach.» Aber als Schweizer ist man halt anständig, höflich, zuvorkommend und nett, und das schlägt sich dann in der Literatur nieder: Bitte, danke, gern geschehen. Auch die Namen der Protagonisten sind in Schweizer Krimis meiner Meinung nach immer sehr gesucht. Warum muss der Ausländer, der in diesem Buch die Hauptrolle spielt, ausgerechnet «Rafik» heissen. Sorry und Himmel noch mal. Warum nicht Jussuf, Hasan oder von mir aus auch Mohammed?! Und der Computerspezialist bei der Polizei heisst, na, was glauben Sie? «Googel», das ist kein Witz und ist auch nicht lustig. Wo sind denn all die Schweizer Müllers, Meiers, Gerbers, Arnolds, Itens und Kälins?
Im Inhalt tauchen auch immer mal wieder so typisch schweizerische Ausdrücke auf wie «Päpu» und «Ätti», beide Worte stehen für Vater, oder «Säckli» anstelle von kleine Tüte. Kommod anstelle bequem. Mir gefällt das nicht, ist mir zu kleinkariert, und ich mag auch keine Bücher lesen, bei denen ich einen Duden brauche. Andererseits streut Gasser nämlich gern auch Fremdwörter ein wie «inkohärent», die in der deutschen Sprache ja eigentlich nicht «opportun» sind/wären. Was man dem Autor allerdings zu Gute halten kann: die schweizerdeutschen Ausdrücke wurden am Ende der Lektüre in einem Glossar beschrieben. Aber ich gehöre gleichfalls nicht zu jenen Literaturkonsumenten, die mit dem Bücherlesen auf der letzten Seite beginnen.
Auf dem Buchdeckel wird ausserdem auf rasante Verfolgungsjagden hingewiesen. Hier hält man, was man verspricht. Nur schade, dass das Tempo nur stellenweise hochgehalten wird und die Story zwischendurch immer mal wieder massiv abflacht. Die Thematik an sich, über sexuelle Missbräuche in der katholischen Kirche und bei Sekten, ist allerdings sehr aktuell und verleiht dem Buch einen Anstrich des Zeitgeistes. Negativ werte ich aber auch hier und einmal mehr die politische Linkslastigkeit der Lektüre. Die Schweizer Autoren, die ich bis anhin las, waren politisch immer tendenziell links. Die böse patriotische Fortschrittspartei ist dann auch hier stellenweise arg und unverkennbar an die SVP oder die AUNS angelehnt. Ob man nun Fan von diesen Gruppierungen ist oder nicht, ist eigentlich egal. Aber warum schreibt man auch hier nicht einfach neutraler – gleichfalls eine Schweizer Tugend?
Ich habe diese Lektüre hier schon arg zerzaust und trotzdem liebe Leser, ist die Geschichte lesenswert, wenn man nicht allzu hohe Ansprüche hat. Die Handlung in Solothurns charmanten, verzweigten Gassen spricht an, vor allem wenn man sich dort auskennt oder schon mal da war. Auf meinem gefürchteten Notenblatt zwischen 1 bis 10 erreicht das Buch eine gut gemeinte 5. ISBN: 978-3-7408-0050-5.
Von Dany Kammüller
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